Wie kreative Technologien Hardware öffnen
Im Interview sprechen wir mit Bleeptrack über generative Kunst, kreative Technologie und wie damit Zugänge zu Kunst und Technik entstehen. Bleeptrack ist selbstständig im Feld Creative Technology.
Welche Rolle spielt für dich als Künstlerin Open Source Hardware?
Als ich mich fragte, was ich da eigentlich mache, habe ich für mich die Berufsbezeichnung “Creative Technologist” gefunden. Dieser Begriff vereint technische, informatische und künstlerische Aspekte. Ich selbst mache viel generative Kunst. Das Werk entsteht dabei durch das Abarbeiten einer prozessualen Erfindung, das heißt, eines von mir geschaffenen Regelsatzes, wie z.B. ein Computerprogramm. Dabei fallen oft Installationen heraus. Dafür finde ich Open Hardware interessant. Einerseits nutze ich viele bestehenden Projekte für meine Arbeit. Z.B. habe ich den den PAX Counter für eine Installation genutzt. Der scannt Bluetooth- und Wifi-Geräte in der Umgebung und sendet die Anzahl dann an einen Server.
Andererseits veröffentliche ich auch eigene Projekte. Ich lerne einfach sehr viel aus anderen Projekten und finde es nur fair das Wissen wieder zurückzugeben. Unabhängig davon habe ich ein Problem mit dem oft elitären Kunstverständnis, dass die Objekte dann in irgendwelche Museen oder Sammlungen verbannt. Menschen müssen Eintritt zahlen und stehen dann vor diesen Objekten und fragen sich, wie wichtig das alles ist. Das widerstrebt mir. Ich finde, dass jede*r künstlerisch tätig sein kann. Kunst sollte für alle zugänglich sein. Wieso sollte also nicht jemand das nachbauen können, was ich entwickelt habe und sich das in die eigene Wohnung stellen? Das Verständnis einer offenen Kunst gefällt mir, das Menschen Zugang ermöglicht.
Ich versuche mich in die andere Perspektive zu versetzen und frage mich, warum es gut sein könnte, einen exklusiven Gegenstand zu haben. Ist es nicht auch eine Art Fetisch, der dazu führt, dass wir uns die Gegenstände der Kunst noch mal anders ansehen? Beispielsweise verlieren wir leicht das Interesse an in Masse produzierten Objekten, weil sie so austauschbar sind. Macht diese Reproduzierbarkeit von offener Kunst also etwas mit dem Wert von Kunst?
Das macht es sicherlich. Das Einzelstück verliert wahrscheinlich stark an Wert – auch in emotionaler Hinsicht. Die Frage ist, ob das einzelne Stück dann noch der Gegenstand der Kunst ist oder die Vielzahl von Ausgestaltungen, die ein Gesamtkunstwerk ergeben. Das Kunstwerk wäre dann also das Projekt an sich.
Möglicherweise ist der künstlerische Wert auch dadurch gegeben, dass sich Menschen ihren eigenen Zugang verschaffen und so ihre Interpretation der Kunst entwickeln, z.B. durch Individualisierungsfaktoren.
Kann man mit Kunst Zugänge zu Technologie schaffen?
Erst mal würde ich sagen, dass Kunst nichts können oder müssen soll. Die Beweggründe, wieso Menschen Dinge machen, die als Kunst klassifiziert werden, sind sehr unterschiedlich. Aber ich sehe auch, dass Kunst ein gutes Vehikel ist, um Menschen für Technik zu interessieren. Sowohl auf einer Hardware- als auch auf einer Software-Ebene. Ich mache beispielsweise Workshops für generative Kunst, besonders mit Menschen, die noch nie programmiert haben. Die haben einfach eine persönliche Motivation, das dann zu lernen und schnell Erfolg, wenn sie durch ein paar Zeilen Code irgendwelche Muster erzeugen können. Das ist ein super Einstieg. Bei Hardware finde ich es ähnlich. Wenn wir daran denken, wie schnell wir mit einem Arduino und ein paar LEDs sowie Sensoren ein interaktives Etwas bauen können. Ich denke, gerade der interaktive Aspekt schafft in besonderem Maße diese Zugänge.
Was sind für dich gute Beispiele für offene, auf Technik fokussierte Kunst?
Ein Hardware-Projekt von mir sind beispielsweise die PicoPlanet Boards. Das sind kleine Platinen, auf denen verschiedene Planeten abgebildet sind, die als Keyboard-Tasten funktionieren. Sie sind also touch-sensitiv. Die Motivation von mir war mit anderen Materialien zu experimentieren. Ich hatte mit Platinen vorher nie viel gemacht, war aber fasziniert von der PCB-Art, die ja im Netz sehr verbreitet ist. Daraus sind dann die PicoPlanets entstanden. Ich muss aber sagen, dass Platinen gar nicht so gut mit generativer Gestaltung funktionieren, weil die ja erst in der Masse günstiger werden. Ich kann also nicht immer neue Einzelstücke schaffen, das wird dann sehr teuer. So bin ich dazu gekommen, immer zehn von einem Motiv produzieren zu lassen.
— Mohit Bhoite | मोहित भोईटे (@MohitBhoite) April 30, 2022
Auch interessant sind Schaltungs-Skulpturen, die ihre technische Funktionalität transparent machen und dadurch gleichzeitig eine Form bilden, die zum Beispiel die Funktionalität symbolisiert. Das eröffent einen direkten Zugang zur Technik und verstellt sie nicht durch ein Gehäuse.
Das letzte aktivistische Projekt, was ich gemacht habe, ist mit einem Theater entstanden – </A “Manifesto” of= {every} One.s Own>. Das ist ein Projekt zum Thema KI und Feminismus. Dabei haben wir viel mit Licht gemacht, das hat viel Spaß gemacht.